Spermidin – mehr Fitness, weniger Entzündungen

Spermidin – mehr Fitness, weniger Entzündungen

Spermidin spielt eine herausragende Rolle auch im Darm. Es hilft bei der Abwehr von Krankheitserregern und steigert dadurch sowohl die Darmgesundheit als auch die Fähigkeiten des Immunsystems, so die Ergebnisse einer neuen Forschungsstudie der Universitätsmedizin Mainz.

In den letzten Jahren wurden die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Darmgesundheit und dem Immunsystem immer besser verstanden. Auch auf der Ebene der Stoffwechselprodukte, die sich besonders im Darm in einem sensiblen und beeinflussbaren Fließgleichgewicht befinden. Die Zusammensetzung der Bakterienflora ist wichtig, denn unsere Darmbakterien tragen über ihre Ausscheidungsprodukte wesentlich zu einem gesundheitsfördernden oder –feindlichen Darmmilieu bei. So werden Entzündungen im Darm auf eine Verschiebung des Bakterienspektrums zurückgeführt oder können Ausdruck einer Autoimmunkrankheit sein. Positiv dagegen wirken nützliche Darmbakterien (Kommensalen). Einige von ihnen scheiden Spermidin aus und halten dadurch das System gesund und leistungsfähig, wie die aktuelle Studie zeigt.

Spermidin im Stoffwechsel der Immunabwehr

Die Forschergruppe um Univ.-Prof. Dr. Tim Sparwasser, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universitätsmedizin Mainz, untersuchte die Mechanismen: Wie genau nimmt Spermidin im Darm Einfluss auf Entzündungsreaktionen und das Immunsystem? Und, eine besonders spannende Frage, lässt sich durch zugeführtes Spermidin die Immunantwort und damit die Gesundheit des gesamten Organismus noch steigern?
In Zell- und Tiermodellen fanden die Mediziner heraus, dass Spermidin an einer Schlüsselstelle die Immunantwort des Körpers beeinflusst. Und zwar, wenn sich durch eine Infektion oder Entzündung ein spezialisiertes weißes Blutkörperchen (T-Helferzelle) weiterentwickelt hin zu einer regulatorischen T-Zelle (Treg). Diese regulatorischen Zellen sind die Fädenzieher des Immunsystems. Ihnen wird eine anti-entzündliche Wirkung zugeschrieben. Sie regeln das Ausmaß der Immunantwort und dämpfen Angriffe gegen eigenes Zellmaterial, wie es bei Darmentzündungen, Autoimmunerkrankungen und Allergien beobachtet wird. Das Immunsystem wird also über die Menge und Aktivität dieser regulatorischen Zellen je nach Erfordernis aktiviert oder herunterreguliert, was im gesunden Organismus gut funktioniert.

Autophagie – Zauber auf Zellebene

Die im Infektionsverlauf so wichtige Ausreifung der Treg-Zellen, so die Forschenden, geschieht dabei über den von Spermidin ausgelösten Autophagie-Mechanismus. In diesem zellulären Umwandlungsprozess werden bestehende zelleigene Bestandteile herangezogen, um sie für den Aufbau funktionsfähiger regulatorischer T-Zellen zu nutzen. Dieser Recyclingprozess im Darm lässt sich durch zusätzliches Spermidin weiter anregen. In der Studie erhöhte sich die Anzahl der Treg-Zellen im Dünndarm und im Colon deutlich, wenn über die Nahrung Spermidin oder auch dessen Vorläufermolekül L-Arginin, eine Aminosäure, zugeführt wurde. Entzündungsreaktionen schwächten sich ab und die Immunität nahm zu. Nahrungsergänzungsmittel oder Nahrungsmittel, die bereits höhere Mengen an Spermidin enthalten beziehungsweise die das Wachstum förderlicher, spermidinausscheidender Darmbakterien anregen, können daher einen wichtigen Beitrag zu einer guten Immunität leisten.

Pressemitteilung der Universitätsmedizin Mainz vom 10.09.2020. https://www.unimedizin-mainz.de/presse/pressemitteilungen/aktuellemitteilungen/newsdetail/article/polyamine-beeinflussen-darmgesundheit-positiv.html?type=98

Regulating T-cell differentiation through the polyamine spermidine; Guilhermina M. Carriche, Luís Almeida, Philipp Stüve, Lis Velasquez, Ayesha Dhillon-LaBrooy, Urmi Roy, Marc Lindenberg, Till Strowig, Carlos Plaza-Sirvent, Ingo Schmitz, Matthias Lochner, Anna Katharina Simon, Tim Sparwasser; „Journal of Allergy and Clinical Immunology; “ Open Access Published: May 11, 2020; https://doi.org/10.1016/j.jaci.2020.04.037