Gesund alt werden – und was wir dafür tun können

Der Jungbrunnen: Inbegriff ewiger Jugend. Wer von seinem Wasser trinkt oder darin badet, findet Heilung, Verjüngung oder gar das ewige Leben. Das verspricht die Legende. Eine Utopie? Die Entwicklung zeigt: Wie alt wir werden und wie wir alt werden, das können wir ein Stück weit selbst beeinflussen.

Über Jahrhunderte hinweg wurden die Menschen höchstens 30 bis 40 Jahre alt. Verbesserte Lebensbedingungen, Hygiene und Gesundheitsversorgung verdoppelten in den vergangenen 150 Jahren unsere durchschnittliche Lebenszeit. Mädchen im Vorschulalter haben heute in Deutschland eine Lebenserwartung von rund 83 Jahren, Jungen von rund 78. Zunächst ein Blick auf das Phänomen „Alterung“ selbst – bevor wir uns der Frage widmen, was wir tun können, um unsere Chancen zu vergrößern, später Teil der Generation fitter Senioren zu sein.

Inhalt:

Was bedeutet „Altern“?

Der Mensch ist ein hochkomplexes Wesen und sein Dasein bestimmt von biologischen, psychologischen und gesellschaftlichen Einflüssen. Gleiches gilt für seine Alterung. Sie ist kein ein linearer Prozess, sondern beinhaltet neben sprunghaften Abbauprozessen auch Reifung. So nimmt mit den Jahren zwar die geistige Flexibilität ab (auch fluide Intelligenz genannt), hingegen nimmt die Fähigkeit bis ins hohe Alter zu, gelerntes Wissen zu verknüpfen und sinnvoll anzuwenden – „Altersweisheit“ oder kristalline Intelligenz genannt. Zudem altern Menschen unterschiedlich, je nach ihrer körperlichen und geistigen Voraussetzung, ihren Lebensumständen und ihrem Lebenswandel. Auch die Wahrnehmung der eigenen Rolle in der Gesellschaft und das soziale Umfeld prägen die Sicht auf das Altern allgemein und das eigene Altern im Besonderen.

Zeichen der Alterung

„Jeder will alt werden, aber niemand alt sein“, sagt der Volksmund. Er zielt auf die Umstände ab, die gemeinhin mit dem Alter assoziiert werden: Gebrechlichkeit und Verlust der körperlichen und geistigen Vitalität sowie gesellschaftlicher Beziehungen und Bedeutung. All das muss nicht sein. Ein umsichtiger Lebensstil und körperliche Aktivität bis in hohe Alter können die allgemeine Gesundheit, Beweglichkeit und Mobilität erhalten, tragen zur gesellschaftlichen Teilhabe bei und fördern dadurch wiederum die körperliche und geistige Gesundheit.

Auf biologischer Ebene kennzeichnet die körperliche Alterung eine schwindende Anpassungs- und Wiederherstellungsfähigkeit der Zellen und damit des gesamten Körpers. Ab etwa 20 Jahren verliert unsere Haut an Feuchtigkeit und Spannkraft, ab 30 werden die Bandscheiben dünner, fünf Jahre später die Haare grau und der Muskelabbau setzt ein. Ab einem Alter von 60 Jahren beginnen die Gelenke zu schmerzen und die Beweglichkeit einzuschränken. Herz-Kreislauf-Beschwerden nehmen zu, chronische Krankheiten treten auf, auch Diabetes. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, an Demenz, Alzheimer oder Parkinson. Im Alter von etwa 80 Jahren häufen sich diese Krankheiten.

Warum altern wir?

Was genau beeinflusst unsere Lebensspanne und welche Mechanismen sind für unser Altern verantwortlich? Dazu gibt es viele Theorien, jedoch noch keine einheitliche und umfassende wissenschaftlich anerkannte Antwort. Die medizinische Altersforschung kennt zwei grundsätzliche Richtungen: Die eine ist der Ansicht, der Mensch könne maximal 140 Jahre leben, die andere ist der Überzeugung, dass es diesen „eingebauten Tod“ nicht gibt.

Zwei Phänomene auf Zellebene sind in jüngster Zeit im Fokus der Wissenschaft und Altersforschung: die Telomere und die Autophagie. Telomere sind eine Art Schutzkappen an den Enden unserer Chromosomen. Mit jeder Zellteilung und auch Schädigung werden sie kürzer. Sind sie so kurz, dass die von ihnen geschützten Gene beschädigt werden können, können Zelltod und Krankheit die Folge sein.

Der zweite Forschungsgegenstand ist die Autophagie. Das ist ein intrazellulärer Stoffwechselprozess zur Zellerneuerung, bei dem die Zelle selbst schädliche, fehlerhafte, alte oder beschädigte Proteine, Lipide, Teilstücke oder ganze Organellen zerlegt und zur Energiegewinnung oder für den Bau neuer Zellstrukturen nutzt. Mithilfe dieses Recyclingprogramms befreit sich die Zelle selbst von störendem Ballast und hält sich gesund und vital – und damit auch den Zellverbund, in dem sie sich befindet, das Organ und schlussendlich den gesamten Organismus. Diesen Prozess der Zellerneuerung aktiviert der Körper vor allem bei mangelnder Energiezufuhr – unter anderem durch Fasten oder Intervallfasten. Studien haben gezeigt, dass die Fähigkeit zur Autophagie im Alter nachlässt.

Die Forschung hat inzwischen herausgefunden, dass dieser Vorgang auch ohne Fasten stattfindet – sofern bestimmte Substanzen vorhanden sind, die ihn durch Vortäuschen eines Energiemangels anstoßen. Ein solches sogenanntes Fastenmimetikum oder Kalorienrestriktionsmimetikum ist das Polyamin Spermidin. Wenn es in ausreichender Konzentration in der Zelle vorhanden ist, läuft die Autophagie auch ohne Energiemangel ab. Rund ein Drittel des Spermidinbedarfs unseres Körpers wird von körpereigenen Zellen produziert, der Rest über die Nahrung aufgenommen und durch Bakterien in unserem Körper gebildet.

Was können wir selbst für Gesundheit und ein hohes Alter tun?

Bis die letzten Geheimnisse des Alterns geklärt sind, haben wir es selbst in der Hand, die gegenüber früheren Generationen gewonnenen Jahre gesund zu genießen. Das können wir tun, indem wir allzu große Risiken vermeiden, körperlich aktiv sind, geistige Herausforderung suchen, einen gesundheitsbewussten Lebensstil und ein reges Sozialleben pflegen.

Mit der Wirkung des Fastenmimetikums Spermidin und wie es zum Schutz vor altersbedingen Erkrankungen eingesetzt werden kann, befassen sich inzwischen vielfältige Studien. So stellten österreichische Forscher fest, dass ein spermidinhaltiges Frühstück die Gedächtnisleistung von Senioren verbessern kann. Eine deutsche Forschungsgruppe untersuchte die Wirkung von Spermidin auf die Telomere. Sie fand heraus: Bei älteren Mäusen, deren Trinkwasser Spermidin zugesetzt wurde, waren die Telomere der Herzmuskelzellen ähnlich lang wie bei jungen Mäusen, zudem blieb der für ältere Mäuse typische Haarausfall aus.

Telomere werden die Chromosomenenden genannt. Sie verkürzen im Laufe des Lebens. Die Verkürzung von Telomeren kann die Zellfunktion beeinträchtigen und gilt als Risikofaktor für verschiedene Erkrankungen.

Wie bereits erwähnt, werden gut zwei Drittel des Spermidinbedarfs unseres Körpers über die Nahrung aufgenommen und durch Bakterien unseres Verdauungstrakts produziert. Besonders viel Spermidin enthalten Weizenkeime, Käse, Sojaprodukte und Hülsenfrüchte. Eine ausgewogene Ernährung fördert zudem das gesunde Gleichgewicht im sogenannten Mikrobiom unseres Darms – das ist die hochkomplexe Lebensgemeinschaft unzähliger Bakterien, die unsere Gesundheit bestimmt und auch das für die Selbstreinigung der Zelle so wichtige Spermidin produziert.

Die eine Unsterblichkeitspille wird es sicher nie geben, dafür ist der Mensch viel zu kompliziert. Aber wir können einiges dazu beitragen, dass wir lange leben und dabei vor allem so lange wie möglich gesund bleiben.

Fasten und Spermidin wirken synergistisch

Das Fasten ist eine Jahrtausende alte Praxis, die in verschiedenen Kulturen aus spirituellen, religiösen oder gesundheitlichen Gründen praktiziert wird. Es hat vor allem körperlich viele Vorteile, zum Beispiel die Aktivierung der Zellerneuerung, auch Autophagie genannt. 

In unseren Körperzellen kommt es im Zuge des normalen Stoffwechsels zu Mikroablagerungen bestehend aus defekten und unbrauchbaren Zellbestandteilen. Beim Fasten wird die Autophagie aktiviert, wodurch unser Körper dieses Material verwertet und Energie daraus gewinnt. Gleichzeitig hält dieser Prozess unsere Zellen gesund und leistungsfähig. Eine funktionierende Autophagie stärkt unser Immunsystem und senkt das Risiko für Erkrankungen wie Herz-Kreislaufprobleme, Demenz, Krebs und Infektionskrankheiten. 

Spermidin hat sich als faszinierende Verbindung erwiesen, die als Fastenmimetikum agieren kann. Ein Fastenmimetikum ist eine Substanz, die die gleichen oder ähnlichen Effekte wie das Fasten imitiert, ohne dass man tatsächlich auf Nahrung verzichten muss. In Bezug auf Spermidin bedeutet dies, dass es potenziell die positiven Auswirkungen des Fastens auf die Autophagie nachahmen kann, selbst wenn keine strengen Fastenpraktiken eingehalten werden.

Die Wirkungsweise von Spermidin als Fastenmimetikum liegt darin, dass es bestimmte Signalwege in den Zellen beeinflusst, die normalerweise durch Nahrungsmangel aktiviert werden. Dieser Mechanismus führt dazu, dass die Autophagie, der zelluläre Reinigungsprozess, stimuliert wird, was zu einer verbesserten Eliminierung von beschädigten Zellbestandteilen führt. Das bedeutet, dass Fasten und Spermidin synergistisch wirken und die Autophagie unterstützt.

Diese Eigenschaft macht Spermidin besonders attraktiv für Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht fasten können oder wollen. Zum Beispiel könnten gesundheitliche Bedenken, persönliche Vorlieben oder berufliche Anforderungen das Einhalten von Fastenpraktiken erschweren. Spermidin bietet somit eine potenzielle Alternative, um dennoch von den positiven Effekten auf die Autophagie zu profitieren, ohne auf Nahrung zu verzichten.