Sie haben Ihren Schlüssel verlegt oder einen wichtigen Termin vergessen? Das ist uns allen schon einmal passiert. Aber müssen wir uns deshalb gleich Sorgen machen? Wie viel Vergesslichkeit ist normal und ab wann spricht man von einer Krankheit?

In unserem Alltag sind wir vielen verschiedenen Reizen ausgesetzt. Doch nicht alle Informationen, die unser Gehirn erhält, sind für uns auch relevant. Beispielsweise müssen wir nicht wissen, ob die Ampel vor zwei Tagen auf dem Weg zur Arbeit rot oder grün war. Den wichtigen Termin nach der Arbeit sollten wir hingegen nicht vergessen. Unser Gehirn muss also ständig in der Lage sein, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen. Das dabei auch mal Probleme auftreten, ist daher völlig normal.

Wie arbeitet unser Gedächtnis?

Wie arbeitet unser Gedächtnis?

Mit Hilfe unseres Gedächtnisses können wir Informationen speichern und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abrufen. Aber wie funktioniert dieser Prozess?

Den Menschen erreichen jeden Tag zahlreiche Signale. Die Aufgabe unseres Gehirns ist es, diese Signale zu sortieren, miteinander zu verknüpfen und zu übertragen. Für eine reibungslose Übertragung, haben wir ein großes Netzwerk aus Nervenzellen (Neuronen) die über Knotenpunkte (Synapsen) miteinander verknüpft sind. Informationen können dadurch blitzschnell in die verschiedenen Areale unseres Gehirns transportiert werden.

Aber wo gelangen neue Informationen hin, damit wir sie nicht wieder vergessen? Um das zu verstehen, müssen wir zunächst zwischen dem Kurzzeitgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis unterscheiden. Erreicht uns eine Information, gelangt diese zunächst in das Kurzzeitgedächtnis. Hier kann sie allerdings nur für kurze Zeit bleiben, denn das Kurzzeitgedächtnis hat nur eine begrenzte Kapazität. Weniger relevante Informationen werden also schnell wieder vergessen − zum Beispiel eine Seitenzahl, die wir im Inhaltsverzeichnis eines Buches nachgeschaut haben. Werden die Informationen regelmäßig wiederholt oder bewusst wahrgenommen, können sie aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übergehen. Dort ist die Kapazität nahezu unbegrenzt, sodass wir uns über einen sehr langen Zeitraum erinnern können. Im Langzeitgedächtnis werden zum Beispiel Erinnerungen, gelerntes Wissen, aber auch unsere Sprache gespeichert.

Ursachen des Vergessens

Um aus Sinneseindrücken Erinnerungen zu machen, sind also komplexe Vorgänge in unserem Gehirn nötig. Dabei kann es auch zu kleineren Fehlern kommen, weshalb wir eigentlich auch wichtige Informationen wieder vergessen. Aber warum kommt es überhaupt zu diesen Fehlern im Gehirn?

Die Leistung unseres Gehirns unterliegt natürlichen Schwankungen. So hängt sie zum Beispiel stark von unserer körperlichen und geistigen Verfassung ab. Mögliche Ursachen können zum Beispiel Stress oder zu wenig Schlaf sein. Dann kann unser Gehirn nicht in vollem Umfang arbeiten. Auch Flüssigkeits- und Nährstoffmangel können Gründe für Vergesslichkeit sein. Die Folge ist, dass wir vergesslich werden und uns Neues schlechter merken. Daher muss man sich zunächst keine Sorgen machen, wenn man ab und zu mal den Schlüssel verlegt oder einen Namen vergisst.

Möglicherweise steckt aber auch eine ernstzunehmende Erkrankung hinter der Gedächtnisstörung, weswegen eine verstärkte Vergesslichkeit immer durch einen Arzt abgeklärt werden sollte.

Die Altersvergesslichkeit

Auch das Altern geht nicht spurlos an unserem Gehirn vorbei. Mit der Zeit lässt unsere Gedächtnisleistung nach und wir werden vergesslich. Ein Zustand, den man als leichte kognitive Störung oder auch Altersvergesslichkeit bezeichnet. Ein typisches Symptom für Altersvergesslichkeit ist, dass wir uns Dinge nicht mehr gut merken können. Doch das ist nicht der einzige Hinweis. Meist verlieren Betroffene die Fähigkeit, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren. Deutlich abzugrenzen von der Altersvergesslichkeit ist jedoch eine Demenzerkrankung. Im Unterschied zur Demenz schreitet die Altersvergesslichkeit nämlich nicht unbegrenzt voran. Stattdessen erreicht sie mit der Zeit einen Zustand, der sich nicht weiter verschlimmert. Dadurch verläuft sie meist harmlos. In manchen Fällen kann sie jedoch auch eine Vorstufe der Demenz sein. Daher sollte ihr Verlauf genau beobachtet und ärztlich beurteilt werden.

AltersvergesslichkeitDemenz
Tritt häufig schon vor dem 60. Lebensjahr aufTritt meist erst nach dem 60. Lebensjahr auf
Schreitet nicht unbegrenzt voranVergesslichkeit nimmt stetig zu
Kleinigkeiten wie eine Schere etc. werden verlegtEs werden häufig sehr wichtige Gegenstände wie die Geldbörse verlegt
Die Erinnerung an Erlebnisse kommt nach intensivem Nachdenken zurückDie Erinnerung an ein Erlebnis kann vollständig verloren gehen
Der Alltag kann ohne Hilfe gemeistert werdenDer Alltag ist ohne Hilfe kaum noch zu meistern

Was können wir gegen die Altersvergesslichkeit machen?

Wer seine kognitiven Fähigkeiten im Alter aufrechterhalten möchte, sollte einen gesunden Lebensstil führen. Dazu zählt eine ausgewogene Ernährung, viel Bewegung, wenig Stress und genügend Schlaf. So können wir den normalen Alterungsprozess und somit auch die geistige Alterung hinauszögern. Es lohnt sich, damit schon in jungen Jahren zu beginnen. Zusätzlich sollten die grauen Zellen etwas gefordert werden. Es eignen sich Kreuzworträtsel, Sudokus oder jedes andere Gedächtnis-Training, das die geistige Fitness fördert. Auch das Lesen von Büchern oder das Verfolgen der Nachrichten fördert unsere geistige Leistung.

Soziale Kontakte können uns ebenfalls dabei helfen, unser Gehirn jung zu halten. Denn sie lösen besonders häufig Emotionen in uns aus, die viele Hirnareale gleichzeitig beeinflussen und fördern.